Hier sind meine Berichte gesammelt, die ich im Rundbrief der Fachgruppe Kleine Planeten verfasst habe:
Erste Asteroidenentdeckungen in Seng Der Stein des Anstroßes Von Rosen und Gänseblümchen
Erste Asteroidenentdeckungen in Seng
(oder die Geschichte vom doppelten Doppelschlag)
Nun habe ich seit November 2003 den Stationscode und das Wetter lies seither, wie in unseren Breitengraden im Winter üblich, zu wünschen übrig. Daher betrieb ich Astrometrie nur sehr selten. Die Aussicht auf die berüchtigte „Zweite Nacht“ war meist nicht gegeben. Und wenn es mit dem Wetter mal klappte, waren das meist Nächte um Vollmond. Daher blieben meine sporadischen Suchen nach den ersten Neuen erfolglos.
Die guten einzelnen Nächte nützte ich daher für die Astrofotografie. Ich habe mir aber zur Angewohnheit gemacht, bei allen Aufnahmen die Funkuhr mitlaufen zu lassen. Man kann ja nie wissen…. .
So kam es, wie es kommen musste. Die Nacht am Montag, dem 16. Februar 2004, war
sternenklar, aber der Rest der Woche sollte, laut Wetterbericht, eher trüb
werden. Daher beschloss ich, ein paar Astroaufnahmen zu machen.
Als Objekt wählte ich unter anderem die Galaxie NGC 3628 im Löwen. Die
CCD-Kamera SXV-H9 machte eine Dreiminuten-Aufnahme nach der anderen, und ich
vertrieb mir die Zeit mit der Bildbearbeitung der vorher aufgenommenen Objekte.
Nach einigen Aufnahmen von NGC3628 beschloss ich, die Bilder in Astrometrica zu
laden und zu blinken.
Tatsächlich bewegte sich ein kleiner Punkt nahe dem oberen Bildfeldrand. Also
reingezoomt und das Ganze genauer betrachten. „Der Punkt hat aber vorher
größere Sprünge gemacht und kam mir heller vor. Seltsam…“ Das waren meine
ersten Gedanken. Dann wurde der Scroll-Button der Blinkaufnahme weiter nach
oben geschoben, so dass der ganze oberer Bildfeldrand sichtbar war. „Das
sind ja zwei!!!!“
Die Positon wurde mit Guide verglichen. Dort scheint kein Asteroid auf,
geschweige denn zwei. Da ich aber die MPCOrb´s schon einige Wochen nicht
upgedatet habe, bin ich nicht gleich in Panik verfallen, sondern hab meine
Serie fertig gemacht und die restliche Nacht noch ein paar andere Objekte
fotografiert.
NGC3628 im Sternbild Löwe
12" Newton F/6 und SXV-H9
Im folgenden Bild wurden die Einzelbilder aufaddiert, wobei auf die Sterne
zentriert wurde. Die Bewegung der Kleinplaneten ist als Stichspur sichtbar.
In diesem Fall über einen Zeitraum von über einer Stunde. |
Die andere Möglichkeit besteht darin, bei der Bildaddition auf den Asteroiden zu zentrieren. Die Sterne werden dadurch als Strichspuren dargestellt. Diese Methode ist besonders bei lichtschwachen Objekten, wie in diesem Fall, sehr effizient. |
In den frühen Morgenstunden wurden die Aufnahmen ausgewertet
und die Daten mit dem MPC-Checker abgeglichen. Sie zeigten keine passende
Übereinstimmung mit meinen zwei Objekten SENG02 und SENG03. Am Mittwoch
telefonierte ich mit Richard Gierlinger, der meinte, ich solle die Daten
einschicken, auch wenn keine zweite Nacht vorhanden ist.
Am Donnerstag Abend, dem 19. Februar, klarte es überraschenderweise auf. Trotzt
böigem Ostwind gelang es mir, die Asteroiden wieder zu finden. Diesmal waren
sie nicht mehr gemeinsam im Gesichtsfeld der CCD-Kamera. Die Aufnahmen waren
auf der Festplatte und wurden in den Morgenstunden ausgewertet.
Da ich nicht wusste, wie die beste
Verfahrensweise für die Nachsendung der „Zweiten Nacht“ ist, wurde eine kleine
E-Mail-Konferenz mit Herbert Raab veranstaltet. An dieser Stelle nochmals Danke
für die Hilfe.
Kurz vor dem Mittagessen konnte ich einen passenden MPC-Report verschicken, und
das warten begann. Da auch dieser Freitag, der 20. Februar, mit guter Sicht
aufwarten konnte, beschloss ich, am Abend noch einmal meine zwei Brocken zu
suchen und aufzunehmen. Kurz bevor ich in die Sternwarte ging, rief ich noch
meine E-mails ab. Dort fand ich zu meiner Überraschung die Entdeckerbestätigung
des MPC´s:
SENG02 K04D01V SENG03 K04D01W
Zuerst konnte ich mit der Zeile nichts anzufangen. Es ist ja schon eine Zeit
lang her, dass ich die Kleinplanetenseite der Fachgruppe durchstudiert habe.
Also noch mal Herbert Raab angemailt, der mich über die Bedeutung dieser Zeile
aufklärte.
SENG02 und SENG03 sind Neu- bzw. Wiederentdeckungen und werden A44
zugesprochen.
SENG02 erhielt die vorläufige Bezeichnung 2004 DV1, und SENG03 hieß ab jetzt
2004 DW1.
Daher verbrachte ich diese Nacht in ausgezeichneter Stimmung in der Sternwarte.
Neben den Feldern mit den beiden „Altschwendter“ Kleinplaneten, untersuchte ich
auch ein paar Felder in der Umgebung. Tasächlich fand ich zwei weitere
Asteroiden auf den Aufnahmen, die noch nicht bekannt waren.
Der Samstag brachte schlechtes Wetter, daher wurde in der Kleinplaneten-Liste um Hilfe für die zweite Nacht ersucht. Leider ohne Erfolg.
Das Wetter besserte sich erst am
Dienstag, dem 24. Februar, wieder, so dass ich meine zweite Nacht für SENG04
und SENG05 absolvieren konnte. Nach der Auswertung der Aufnahmen ging der
MPC-Report mit den beiden Nächten in den Morgenstunden raus.
Der Mittwoch brachte ebenfalls schönes Wetter. Es sollte der letzte klare Tag
in dieser Woche sein. Da ich noch nichts aus Harvard, dem Sitz des MPC, gehört
hatte, machte ich in dieser Nacht wieder Aufnahmen von Galaxien.
Nach Ende der Aufnahmen rief ich meine E-mails ab und fand die Bestätigung für
SENG04 und SENG05. Mit 2004 DS25 und 2004 DT25 verdoppelten sich die
„Altschwendter“ Asteroiden auf vier Stück.
Wolfgang Ries, Sternwarte Seng am 26. Februar 2004
Nachtrag:
2004 EU11 und 2004 FV1: zwei weitere Folge-Entdeckungen
langsam habe ich den Eindruck, das Asteroiden entdecken verhält sich wie ein
Perpetuum mobile. Einmal gestartet, läuft es immer weiter!
Im Zuge meiner Nachfolgebeobachtungen meiner ersten vier Asteroiden, entdeckte
ich am 10 März einen weiteren Asteroiden, der später mit 2004 EU11 vom MPC
bezeichnet wurde. Die zweite Nacht absolvierte ich am 14.März.
Da ich bis zum 17. März nichts vom MPC gehört hatte, nützte ich diese Nacht, um
2004 EU11 noch einmal aufzunehmen. Dabei entdeckte ich einen weiteren Asteroid
unweit von 2004 EU11.
Am 18. März war es ausgesprochen dunstig. Die Grenzgröße lag nur bei 3 bis 4
mag. Mit Hilfe der „Track and Stack“ Methode in ASTROMETRICA konnte neben 2004
EU11 auch der Neue leicht wieder gefunden werden.
Das MPC verlieh ihm die Bezeichnung 2004 FV1.
Nachträglich konnten jeweils eine Beobachtungsnacht von LINEAR, die aus dem
Februar stammen, den beiden zugeordnet werden. Daher sind bereit schöne
Bahnbögen für beide Asteroiden vorhanden.
Wolfgang Ries, Sternwarte
Seng am 28. März 2004
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Es ist immer noch spannend Asteroiden zu jagen. Aber natürlich sind die ersten Entdeckungen immer etwas besonderes. Daher ist es vielleicht verständlich, dass diese Berichte doch einigen Platz auf meiner HP beanspruchen.
Wolfgang Ries, 31. Dezember 2004